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Mein eigenes Ich

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Mein eigenes Ich
Mein eigenes Ich

Ein Blick in die Zukunft und auf mein zukünftiges ICH

Inspiriert durch Ijomas Buch und den letzten Sätzen daraus, möchte ich den Blick auf mein eigenes ich werfen mit der Perspektive einer fernen Zukunft.

Es ist 2056, mittlerweile bin ich 70. In meiner frühen Jugend, zu Beginn meiner beruflichen Karriere, war 65 das anvisierte Ziel. Wenn ich mal nicht mehr arbeiten muss, dann beginnt das wahre Leben. Im weiteren Verlauf des Lebens und den damit verbundenen Ereignissen merkt man aber, dass das Leben als solches als Ziel zu betrachten ist. Nicht das ICH in der Zukunft ist der erstrebenswerte Zustand des angekommen seins, sondern das hier und jetzt. Warum tue ich nicht alles um den ersehnten Zustand in die Gegenwart zu holen?

Wie schon erwähnt, jetzt bin ich 70 und stehe in einer kleinen Imbissbude an der Kasse, rühre in meinem CO2-neutralen Weizenkaffee (richtigen Kaffee bekommt man nur noch in den Ländern in denen er angebaut wird) und blicke wehmütig auf meine großen Erwartungen und Hoffnungen zurück. Wie schmeckt doch gleich noch so ein leckerer Arabica Kaffee? ewig nicht getrunken. Während mich graustarre Menschen für zu weiche Pommes Frites anschnauzen, erinnere ich mich zurück an das Jahr 2020. Ich höre noch den Schall der Stimme meiner Frau, die sich nur wunderte mit welchem Enthusiasmus ich da von einer Sache erzählte, die unser Leben verändern wird aber für Außenstehende nicht greifbar war. Nach unzähligen Diskussionen, lies Sie mich einfach gewähren. „Tu was du nicht lassen kannst, aber lass mich damit in Frieden“

Ich fühlte mich von der Idee getrieben und versuchte mich stets selbst zu hinterfragen. Heute will ich mir denken: „Was hast DU dir dabei gedacht, Was habt IHR euch dabei gedacht?“. Ich würde gerne selbst auf mich einreden, aber irgendetwas in mir sträubt sich dagegen. Warum möchte ich mich für mein Handeln in der Vergangenheit, heute verurteilen. Vergangen ist vergangen aber etwas daraus ist geblieben. Nämlich alle Eindrücke und Emotionen.

Ich kann den Spirit noch fühlen, alles war neu, aufregend, hatte den Duft von absoluter Freiheit. Wir als Community, diejenigen die das „Unheil“ haben kommen sehen, waren sich einig. Die Zukunft war gewiss. Es konnte nur in einer „Hyperbitcoinisation“ enden. Wir entwickelten, führten hitzige Diskussionen, schmiedeten die wildesten Pläne. Meine Frau saß während ich diverse Tutorials der Bitcoinszene betrachtete am Küchentisch, mit einem kleinen schmunzeln aber absolutem Unverständnis dafür das ich dort so viel Zeit investierte. Mein Wissen wuchs und innerhalb der Community konnte ich mich wirklich frei ausleben, jeder verstand mich und alle zogen an einem Strang. Es war wie schon erwähnt der Spirit der uns alle einte.

Diskussionen mit Arbeitskollegen, Nachbarn und auch Familien endeten immer in Bitcoin-Gedanken und dem Wunsch diese mitzuteilen. „Bitcoin fixes this“ schwang immer in meinen Gedanken mit. Meine Gesprächspartner wollten davon aber nichts hören. Als Resultat vergrub ich mich weiter in meiner Bubble, meinem Wohlfühlraum, dort wo jeder die gleiche Sprach spricht und alle die gleichen Visionen teilen.

Ich versuchte Lösungsansätze für Privatsphäre und Unabhängigkeit meinem Arbeitgeber schmackhaft zu machen. Hinter vorgehaltener Hand wurden die 2025 eingeführten CBDC´s kritisiert, aber wirklich etwas dagegen tun wollte keiner. Jeder hing irgendwie mit seiner Existenz an den Zitzen der Regierenden und stand sich selbst am nächsten. Außerdem wären die Themen die ich dort ansprach zu kompliziert. „Nerdsprache“ wie ich mir von meinen Vorgesetzen gefallen lassen musste. Frustriert Zuhause angekommen versuchte ich das Problem der Bitcoingemeinde zu schildern, aber wir waren uns relativ schnell einige das wenn Sie es nicht verstehen wollten, es halt sein lassen müssen. HFSD (have fun staying DUMB) ein gängiges Meme das sich in dieser Zeit entwickelte.

Ich besuchte das Kaffee eines befreundeten Bitcoiners, der einer der ersten war der mithilfe von Lightning die Bezahlung des Kaffees in Sats möglich machte. Wir tauschten uns aus und schlugen beide in die gleiche Kerbe. Die breite Bevölkerung möchte es einfach nicht verstehen und ruht sich lieber in denen Ihnen gegebenen Kissen aus. Tja Pech gehabt, wir halten aber die Stange und zahlen auch weiter unsere Konsumgüter da wo wir können in Sats.

Die Jahre vergingen und der Fortschritt flachte etwas ab. Der Enthusiasmus unter uns Bitcoinern stagnierte in der Eintönigkeit. Ja wir waren immer noch ein verschworener Haufen, unsere Visionen waren mindergroß, aber auf unseren Zitadellen und Meetup´s sah man immer nur die gleichen Gesichter. Wie soll etwas wachsen, wenn der Input stagniert. Die „Orange Pill“ für die breite Masse gab es nicht. Jeder hat einen eigenen Zugang, so zumindest die einstimmige Meinung. Aber tat jeder auch alles dafür diesen heraus zu kitzeln? Aus der heutigen Sicht vielleicht nicht. Vielleicht waren die Themen zu komplex, die Gänge zu wirr. Vielleicht haben wir in unserer einhelligen Meinung etwas Entscheidendes vergessen.

In unserer Community konnten komplexe Themen, die man als „Eye-Opener“ bezeichnen könnte, breit und verständlich diskutiert werden. Aber wo hole ich meinen Nachbarn, Freund, Frau ab. Was verlange ich Ihnen da ab, wenn in meinem Kopf alle komplexen Fragestellungen doch so schlüssig klingen, für Sie aber der Zugang so verworren ist.

Die Lösung wäre EINFACHHEIT gewesen. Damit meine ich nicht einfache Erklärungen für komplexe Fragestellungen zu finden, sondern mit einer gewissen Einfachheit damit umzugehen. Wenn ich ein Auto fahre, muss ich seine Technik nicht zwangsläufig verstehen. Wenn ich ein Smartphone benutze ebenso wenig.

Wenn ich aus heutiger Sicht von Einfachheit spreche, meine ich Lösungen für komplexe Themen zu schaffen, die nutzbar sind ohne Sie verstehen zu müssen. Diejenigen die in der Lage sind sich mit der Komplexität zu befassen, wie der Ingenieur der ein fahrbares Vehikel entwickeln muss, müssen einfach Lösungen schaffen die für jedermann nutzbar sind, ohne ein tieferes Verständnis dafür zu benötigen.

Hier haben wir aber leider und das müssen wir uns in diesem Szenario eingestehen, Versagt. Wie wichtig wäre es gewesen nicht nur von all den großen Dingen wie Privatsphäre etc. zu sinnieren und unsere Eigenen kaum nachvollziehbaren Wege zu gehen, sondern Lösungen zu bauen die Allgemeingültig nutzbar gewesen wären. Von meinem Nachbarn zu meiner Frau, von groß zu klein.

Bitcoin ist noch da, aber es ist leider eine Raum für Nerds, Zukunftsphantasten und Bastlern geblieben. Die Visionen die wir alle teilten leben noch, aber eben nur in den Köpfen einer kleinen Gruppe die heute noch Ihren Kaffee damit bezahlen, wenn es die Möglichkeit dazu gibt. Die Wehmut quält mich ein bisschen und treibt mich zu dem immer wiederkehrenden Gedanken. „Was haben wir/ ich uns dabei gedacht?“

Aus meinen Gedanken reißt mich eine junge Frau. Sie wirkt von Ihrer Aura etwas bunter als die anderen graustarren Menschen in der Reihe. Sie legt ihr „Raider“ (ja Twix wurde mittlerweile wieder umbenannt) auf die Kasse und fragt mich ob man hier mit Lightning zahlen könnte. Ich lächelte innerlich und zückte meine Wallet.

Ja Bitcoin gibt es noch, aber leider haben wir es versäumt es aus seiner Nische ins große Licht zu rücken.

Dieser Text soll meine Gedanken wiedergeben, die ich mir zum Thema Einfachheit der Dinge gemacht habe. Die Debatten um KYC/ NoKYC sind innerhalb der Community nicht wirklich förderlich und hier möchte ich, eine etwas weniger „apokalyptische“ Zukunft für Bitcoin sehen als es der Text wiedergibt. Wir sollten andere nicht dafür kritisieren, wenn Sie den für sich selbst gangbaren Weg gehen. Dies machen viele, weil ein anderer Schlicht aus technischem Unverständnis nicht gangbar ist. Die Kämpfe um Grundprinzipien, wie Privatsphäre etc., sollten als Energie dienen es besser zu machen. Es muss gelingen die wesentlichen Grundprinzipien als fahrbares Vehikel zu konzipieren den jeder Mensch mit einem einfachen Führerschein fahren kann ohne komplizierte Weiterbildungen.

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